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Ein Platz für alle Themen

NEUE15. März 201

Mit dem „Bregenzer Salon“ hat die ­Juristin und ehemalige EU-Mitarbeiterin Ursula Hillbrand im Zentrum der Landeshauptstadt ein etwas anderes Gesprächsformat installiert.

„Es müssen nicht alle die gleiche Meinung haben. Aber es muss zugehört werden.“
Ursula Hillbrand über ihre Salons

Wie kann ich mein kreatives Arbeiten zu meinem Hauptberuf machen? Wie kann ich jetzt mein Unternehmen führen, um es in Zukunft gut zu übergeben? Wie kann ich meinem 13-jährigen Enkel das Rauchen abgewöhnen? Drei von einer Vielzahl an Anliegen, die in den vergangenen Jahren beim „Bregenzer Salon“ von Ursula Hillbrand vorgetragen wurden. Sie zeigen allerdings ganz gut die inhaltliche Bandbreite, innerhalb der sich diese Gesprächsplattform bewegt.

Hillbrand (53), Juristin und viele Jahre lang bei der EU-Kommission in Brüssel tätig, lebt seit Sommer vergangenen Jahres mit ihrer Familie fix in Bregenz – in jenem Haus im Stadtzentrum, das einst ihrer Urgroßmutter gehört hat. Das multikulturelle Leben in der EU-Metropole sei super gewesen, erzählt sie. Gleichzeitig habe es sie immer mehr zu ihren Wurzeln zurückgezogen, gepaart mit dem Gedanken, der Region, aus der sie komme, etwas zurückzugeben, beschreibt sie ihre Beweggründe für den Umzug. Dazu kam der Traum ihres Mannes, eines aus den Niederlanden stammenden Lebensmittelchemikers, der ebenfalls auf EU-Ebene tätig war, ein Gasthaus zu eröffnen. Ein solches hatte es bis 1957 im Haus von Hillbrands Familie auch gegeben.

Umzug. „Wir wollten das alles nicht erst in der Pension machen, sondern jetzt, wo wir noch die Energie dafür haben“, sagt Hillbrand. Und so zog die Familie mit den drei Töchtern im Alter von 19, 16 und 13 Jahren, die zunächst nicht alle ganz so begeistert waren, vor gut einem halben Jahr nach Bregenz. Das Gasthaus namens „Petrus“ im Erdgeschoss des Hauses ist seit Kurzem eröffnet. Mit den Salons hatte Hillbrand aber schon früher angefangen. Gesprächsformate zu schaffen, in denen man auf das Wesentliche kommt, hatte sie bereits in ihrem EU-Job gemacht und „wenn das beruflich passt, dann passt es auch für die Zivilgesellschaft“, befand sie damals. Weg vom Small Talk hin zu einer Vertrauen schaffenden Gesprächsbasis, lautet das Credo dafür.

So wurde vor rund neun Jahren Jahren der „Bregenzer Salon“ installiert. „Und seit damals hat sich viel entwickelt“, stellt Hillbrand heute fest. Es sei jedes Mal eine spannende Mischung an Menschen, die sich zu den Salonabenden einfindet. Ein Drittel sei dabei im Durchschnitt zum ersten Mal da. Geografisch kommen die Teilnehmer aus allen Richtungen und aus ganz Vorarl­berg. Während es die Salons in den vergangenen Jahren etwa sechs Mal im Jahr gab, gibt es sie nun – da Hillbrand in Bregenz lebt – monatlich.

Mischung. Rund 20 Menschen sind es üblicherweise, die sich da jedes Mal im ersten Stock des Hauses treffen, primär in jenem Raum, der früher der Festsaal des Gasthauses war. „Es sind Menschen, die sich in ihrem normalen Umfeld nicht kennenlernen würden“, erläutert Hillbrand. Da treffen Ältere mit viel Lebenserfahrung auf Jüngere mit vielen Fragen und Energie, Techniker auf Hausfrauen, Ausländer auf Inländer. „Die Mischung ist immer sehr spannend.“ Seit 2013 gibt es die Salons auch in Innsbruck. Hillbrand moderiert sie und sie gibt auch Salonhosting-Workshops.

Und dann verweist sie auf die Salon-Tradition um 1900 und früher in Wien, Paris, Italien oder Berlin. Damals waren es vor allem wohlhabende und gebildete Frauen, oft Adelige, die Salons geführt haben – literarische, politische, wissenschaftliche und andere. „Diese Salons haben im Hintergrund viel bewirkt und waren oft auch gesellschaftlicher Klebstoff“, erklärt Hillbrand. Dass Frauen involviert waren, habe vermutlich zu weniger Polarisierung und Konfrontation beigetragen. Und darum gehe es letztendlich: „Es müssen nicht alle die gleiche Meinung haben. Aber es muss zugehört werden“, beschreibt Hillbrand die Grundintention der Salons. Im Mittelpunkt stehe nicht die Diskussion, sondern der Dialog, das sei der Unterschied. Rhetorikseminare gebe es viele, solche, in denen man wertschätzend hören lerne, kaum. Wenn Wertschätzung und Vertrauen vorhanden seien, dann brauche es nicht mehr viel, dann regle sich das meiste von allein, berichtet die 53-Jährige von ihren Erfahrungen. Denn bei den Salons sei jeder mit seiner Lebenserfahrung Berater und Experte – oder auch Fragender. Raum ist für alle Themen, was nicht so häufig anzutreffen ist. Es gebe wenige Plätze und Orte, wo wirklich alles besprochen werden könne, bekommt Hillbrand öfters zu hören.

Begleitend. Hillbrand arbeitet im Rahmen ihrer neu gegründeten Salonhosting GmbH aber auch mit öffentlichen und privaten Institutionen. So hat sie unter anderem an der Uni Innsbruck einen Salon für Universitätsangestellte abgehalten, wo es darum gegangen ist, das Gesprächsklima zu verbessern. Sie war in einer Vorarlberger Gemeinde bei einem Konflikt um eine Straße tätig, hat in Tulln mit 450 Unternehmern gearbeitet – prozessbegleitend und moderierend. Vertrauen, Wertschätzung und Zuhören sind Schlüsselworte für ihr diesbezügliches Tun. Ihre Arbeit brauche es „überall dort, wo Stimmen nicht gehört werden“, umreißt Hillbrand ihr Tätigkeitsfeld. Dieses Gesprächsformat sei auch eine Methode „gegen eine innere Kündigung“, stellt sie fest. Wobei es ebenso darum gehe, jene Schätze zu heben, die in jeder Institution, jedem Unternehmen, jeder Einrichtung vorhanden seien.

Einen Schatz der anderen Art gibt es hingegen bei den Salons in Wien zu erleben. Dudeln, eine Wiener Form des Jodelns in geschlossen Räumen, mit der gebürtigen Schweizerin Christina Zurbrügg kommt da öfters zum Einsatz, erzählt Hillbrand, die sich begeistert davon zeigt. Eine vermutlich stimmige Umrahmung eines ebenso stimmigen Formats.

Bregenzer Salon- Nächster Termin
Bregenzer Salonabend am 21. März,
18 bis 23 Uhr, Anton-Schneider-Straße 11,
1. Stock, Bregenz.
Die Kunst des Gastgebens guter Gespräche.
Informationen und Anmeldung unter www.bregenzersalon.at
http://www.neue.at/lokal/2018/03/14/ein-platz-fuer-alle-themen.neue



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